Einhornsalat

Mythisch gut

Was ist eigentlich ein Einhornsalat? Ein Einhornsalat spiegelt alle Farben des Regenbogens. Er enthält rosa Nudeln. Er ist knackig, zart und weich gleichzeitig. Man findet darin gesalzene Erdnüsse. Er macht glücklich, weil so irrationale Dinge wie Einhörner, Regenbogenfarben, Erdnüsse und rosa Nudeln wissenschaftlich erwiesen die Stimmung aufhellen.

„Als mir kürzlich jemand sagte, dass ich wohl im Land der Fantasie lebe, fiel ich fast von meinem Einhorn.“ (von Unbekannt)

Diese Woche haben sich die Einhörner bei mir gehäuft. Zuerst schickte ich einer Freundin statt der eigentlich beabsichtigten WhatsApp-Nachricht ein lachendes Einhorn-Emoticon, das ich auf meinen Handy noch nie gesehen hatte. Dann lief mir das Zitat oben über den Weg, und schließlich kam noch dieser Salat dazu, der quasi „Einhorn“ schrie. Vielleicht war das alles eine Gegenreaktion auf einen Artikel, den ich Anfang der Woche in einer der großen deutschen Tageszeitungen las. Der Autor des Artikels titelte: „Waldorfschulen fördern irrationales Denken“. Ich dachte: „Wo ist das Problem?“

Ich las Thomas den Artikel vor. Der Autor bezog sich in seiner Waldorf-Kritik darauf, dass die Schulen Konzepte wie Spiritualität, die Existenz einer „nicht-sichtbaren“ Welt und die Idee von Karma lehren würden. Also mehr oder weniger alles Themen, die Thomas und mir recht normal erscheinen. Danach konnte ich nicht anders als einen Einhornsalat zum Mittagessen zu machen. Denn ich finde ja, wir brauchen mehr Fantasie und Irrationalität (wenn man das so nennen will) und nicht weniger. Nach dem Essen fing ich an, nach der Bedeutung von Einhörnern zu googeln. Dabei fand ich heraus, dass Einhörner schon seit der Antike als spirituelle Krafttiere gelten, die für Freiheit, Reinheit und Unschuld stehen. Sie sind ein Bild dafür, sich selbst treu zu bleiben, sich aus Zwängen zu befreien und seinen ganz eigenen Weg zu gehen, selbst wenn das heißt, dass man auch mal gegen den Strom schwimmen muss.

Hildegard von Bingen erwähnte das Einhorn übrigens in ihrem medizinischen Buch „Physica“. Sie schrieb: „Das Einhorn ist mehr warm als kalt, aber seine Stärke ist größer als seine Wärme, und es frisst reine Kräuter, und beim Gehen macht es gleichsam Sprünge.“ Sie beschreibt sogar verschiedene Heil-Rezepturen mit Teilen des Einhorns – zum Beispiel seiner Leber, die, zu einer Salbe verarbeitet, jede Art von Aussatz heilen sollte. Interessant fand ich ihre Ausführungen dazu, wie man Einhörner fängt. Einhörner mögen nämlich von Bingen zufolge keine Männer. Wenn ein Einhorn also ein Mädchen sieht, wundert es sich, dass es keinen Bart hat. Stehen mehrere Mädchen zusammen, ist das Einhorn so verwirrt, dass man es leicht einfangen kann.

In einer anderen Quelle las ich, dass die Mythologie des Einhorns wohl darauf zurückzuführen ist, dass die ersten menschlichen Zeichnungen eindimensional waren. Das Bild eines Ochsens von der Seite (von der Seite sieht man statt zwei Hörnern nur eines) wurde wohl als Einhorn interpretiert. Diese Erklärung finde ich aber wiederum so deprimierend und schlimm rational, dass die ganze Magie flöten geht und mich die Vermutung überkommt, ob der Autor des Waldorf-Artikels auch hinter dieser These steckt.

Aber egal, gar nicht weiter aufregen, sondern lieber einen Einhornsalat essen, den Regenbogen anknipsen und währenddessen leise summen „Widdewiddewitt und Drei macht Neune !! Ich mach‘ mir die Welt Widdewidde wie sie mir gefällt …

Mein Rezept der Woche

Man hätte diesen Einhornsalat auch Glasnudelsalat taufen können, aber das wäre eindeutig zu wenig irrational gewesen. Am liebsten mag ich Glasnudeln aus Erbsenstärke, bzw. habe ich kürzlich im Asialaden Glasnudeln aus Süßkartoffelstärke gefunden und war extrem begeistert. Aber auch mit normalen Reisnudeln schmeckt dieser Salat ganz wunderbar. Sein Geheimnis sind die schönen Farben, die durch Karotten, Koriander und den Rotkohl kommen, der mit seiner starken Farbkraft auch die Nudeln rosa einfärbt. Starke Farben bedeuten auch immer viele Vitalstoffe, was den Salat selbst auf einer physischen Ebene interessant macht. Für die Farbgebung des Rotkohls sind die sekundären Pflanzenstoffe Anthocyane verantwortlich, die sich positiv auf unsere Blutgerinnung auswirken und entzündungshemmend, antibakteriell und antioxidativ wirken. Übrigens wurde der Rotkohl erstmals in den Schriften Hildegard von Bingens erwähnt – und so schließt sich der Halbkreis des Regenbogens wieder. Das Dressing, das in der Pfanne zubereitet wird, gibt dem Salat den nötigen Kick und eine ganz klar asiatische Note, in die ich mich hineinlegen könnte wie auf weiches Moos auf einer Waldlichtung in der Abenddämmerung. Und war da nicht gerade ein Einhorn, das durchs Dickicht huschte?

Und nun meine Frage an Dich: findest Du auch, die Welt braucht mehr Einhörner? Dann freue ich mich auf Deinen Kommentar unter diesem Beitrag!

Einhornsalat

Portionen 2 Personen
Zubereitungszeit 30 Minuten
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Zutaten

Für das Dressing:

  • 2 EL natives Kokosöl
  • 1 kleine Zwiebel geschält und fein gehackt
  • 1 EL fein geriebener Ingwer
  • 2 EL Ahornsirup
  • 7 EL frisch gepresster Limettensaft
  • 3 EL Sojasauce
  • 2 EL geröstetes Sesamöl
  • 1/3 TL Salz
  • 50 g geröstete und gesalzene Erdnüsse gehackt

Für den Salat:

  • 100 g Glasnudeln aus Reis oder Erbsenstärke
  • 150 g Rotkohl grob geraspelt
  • 250 g Karotten grob geraspelt
  • 30 g Koriander Blätter und Stiele, gehackt

So geht's

  • Für das Dressing Kokosöl erhitzen und Zwiebel und Ingwer anbraten. Vom Herd nehmen und Ahornsirup, Limettensaft, Sojasauce, Sesamöl und Salz hinzufügen.
  • Für den Salat die Glasnudeln nach Packungsanweisung in heißem Wasser einweichen oder kochen. Abgießen, mit kaltem Wasser abschrecken und mit einer Küchenschere etwas kürzer schneiden (die Nudeln sind sonst sehr lang und schwer zu essen).
  • Geraspelten Rotkohl, Karotten und Korianderblätter in einer Schüssel vermischen. Die Glasnudeln, das Dressing und die Erdnüsse untermischen und servieren.
Wellcuisine Stefanie Reeb

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  1. Christiane schreibt:

    „Als mir kürzlich jemand sagte, dass ich wohl im Land der Fantasie lebe, fiel ich fast von meinem Einhorn.“
    Ich glaube mit dem Spruch brauche ich ein Shirt :-)!
    Danke Steffi, den Salat werde ich nachkochen. Yummy!
    LG, Christiane

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Christiane,

      das T-Shirt brauche ich auch!! ;–)

      Viele liebe Grüße an Dich!
      Stefanie

  2. Yvonne schreibt:

    So toll, Stefanie!
    Ich lese deine Geschichten zu den Rezepten unheimlich gern. Danke für’s Teilen deiner Gedanken und ja – eine Welt ohne Einhörner (Drachen, Feen, …, Zauberwesen) würde mir auch seltsam erscheinen. Im Gegenteil: unsere Welt braucht mehr davon.

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Yvonne,

      das finde ich auch!

      Liebe Grüße
      Stefanie

  3. Andrea Wunschel schreibt:

    5 Sterne
    Hach, was soll ich sagen: die Welt braucht insbesondere in dieser Zeit definitiv mehr Einhörner 😊 und zudem auch mehr Farbe! Mir läuft bei dem Rezept das Wasser im Munde zusammen und kann es fast nicht abwarten es nach meiner Quarantäne nachzukochen ❤️

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Andrea,

      dann hoffe ich, dass es Dir jetzt wieder gut genug geht, so dass Du den Salat genießen kannst!

      Viele liebe Grüße
      Stefanie

  4. Marcella Rapp schreibt:

    Liebe Stefanie,
    vielen Dank für diesen grandiosen Artikel! Als ich die Kritik an den Waldorfschulen las, musste ich erstmal lauthals lachen. Die Waldorf-Schüler, die ich bisher in meinem Leben kennen lernen durfte, sind heute enorme Persönlichkeiten 😉 das kann in einem rational denkenden Kritiker schon mal Unbehagen auslösen…
    Als sich meine Tochter Leni vor kurzem bei einem Sturz verletzt hatte und weinte, nahm eine Freundin von mir spontan den Einhorn-Anhänger von Leni‘s Kette in die Hand und meinte: „Einhörner sind magische Tiere. Jetzt nimmst du all deinen Schmerz und gibst ihn dem Einhorn. Er nimmt ihn dir ab und lässt ihn verschwinden.“ Ganz gespannt hat Leni ihren Schmerz dem Einhorn überlassen und es danach unter kaltem Wasser abgewaschen. Ihre blutigen Knie hat sie beim Spielen dann gar nicht mehr wahrgenommen…
    Also ja, es macht mich glücklich, dass es immer mehr Einhörner werden 😉
    Und auf den Salat hab ich jetzt auch richtig Lust! Vielen Dank für das tolle Rezept!

    Liebe Grüße
    Marcella

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Liebe Marcella,

      so eine schöne Geschichte, die Du da erzählst! Gerade für Kinder ist der Bezug zu einer magischen Welt so schön und wichtig – und gibt auch Vertrauen, dass sie geschützt und behütet sind von einer Kraft, die sogar noch größer ist als die von Mama und Papa ;–).

      Einen ganz lieben Gruß!
      Stefanie

  5. Was für eine Frage! Natürlich braucht die Welt mehr Einhörner, mehr Farben und Fantasie. Ich reite dann schon mal vor…

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Jeehaa! Wir sehen uns auf der Waldlichtung!

      Liebe Grüße
      Stefanie

  6. Selma schreibt:

    Also ja, ich finde, die Welt braucht definitiv mehr Einhörner, und ich bin schonmal eins davon. Meine Lieblingsspeise ist übrigens Erdnussbutter, aber ich lasse mich auch von Männern gelegentlich einfangen 🤣

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      „Ich lasse mich auch von Männern gelegentlich einfangen“!! So lustig. Wir sind eben die nächste Evolutionsstufe von Einhörnern!

      Liebe Grüße
      Stefanie

  7. Sabine schreibt:

    Ja, die Welt braucht unbedingt mehr Einhörner und noch mehr Regenbogen und viel mehr Farbe….. 🦄🌈

    1. Stefanie Reeb Autor schreibt:

      Jaaaa!! Genau so, liebe Sabine!

      Viele liebe Grüße
      Stefanie

  8. Tatjana schreibt:

    über meinem Schreibtisch hängt schon länger ein Einhorn, das enorme Klarheit ausstrahlt… für mich haben diese Wesen nur in sofern was mit Phantasie zu tun, dass wir sie ohne die Phantasie nicht mehr sehen können… doch ich bin zuversichtlich, dass wir auf eine Zeit zu gehen, wo das wieder leichter möglich sein wird.. .die Einhörner warten auf uns… um uns mit ihrem Leuchten, ihrer Klarheit und Reinheit und großen Heilkraft zu beschenken…. ich bin im Jahr der Feuer-Pferde geboren und fühle mich dem Einhorn sehr nah! P.s. der Salat sieht suuperlecker aus!

  9. Sibylle schreibt:

    Die Welt wäre definitiv eine bessere, wenn Phantasie, Kreativität und das Überntürliche wieder mehr Raum einnehmen würde. Das immer wiederkehrende Waldorfschul- Bashing geht mir als ehemalige Schülerin einer solchen Schule tierisch auf den Geist – insbesondere weil es mit Vorliebe von Personen vorgebracht wird, die eine Waldorfschule noch nie auch nur eine Sekunde von Innen gesehen haben. Trotz (oder vielleicht ja auch gerade wegen) des vermittelten irrationalen Denken habe ich eine Jurastudium abgeschlossen und bin eine recht passablr Rechtsanwälzin geworden. Ich würde auch Einhörner verteidigen :).

  10. Eva Gryc schreibt:

    liebe stefanie,
    ich bin ganz deiner meinung, die welt braucht viiiel mehr „ einhörner“ und noch mehr irrationalität – sprich – dinge, die man nicht „ greifen, bzw. sehen“ kann… die nicht „erklärbaren,… ich liebe deine geschichten und natürlich deine kulinarischen interpretationen dazu 😋habe schon sehr viel nachgekocht, sooo gut 🙃
    ich wünsche dir ( und allen mitleserInnen)einen „ zauberhaften“ sommer 🦄🌻💫🌈🧚🏻‍♀️🤗

  11. Nicole schreibt:

    5 Sterne
    Ich bin absolut für mehr Einhörner in dieser Welt. 🙂
    Bei uns gab es gestern diesen köstlichen Salat und aufgrund des Namens hat auch unsere Tochter ein Portiönchen davon gegessen. Das hätte sie sonst aufgrund des Rotkohls und der Glasnudeln wohl eher nicht gemacht. Danke für das Rezept. Es war sehr köstlich und ich freue mich, dass ich zum Mittagessen noch eine Portion für mich habe.

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